Lebensmotto: Anderen Respekt und Toleranz entgegenbringen
Im Mittelpunkt der dritten Veranstaltung „Das Julius-Motteler-Gymnasium lädt ein“ stand am 18. September die Wirtschaft. Der Schulförderverein als Organisator der Reihe hatte als Gastredner diesmal Jörg Graichen, Geschäftsführer der Brose Fahrzeugteile GmbH & Co. KG Meerane, eingeladen.
Der gebürtige Crimmitschauer berichtete unter dem Titel „Erfolg durch Mut zum Risiko“ über seinen Weg vom Schüler zum internationalen Manager in den Vereinigten Staaten. Angebahnt hatte sich die Verbindung mit der Schule bereits vor zwei Jahren, als die Firma Brose mit einer umfangreichen Spende den Aufbau des Makerspace-Raumes im Haus Lindenstraße unterstützte.
Dass dem Manager sein erfolgreicher Berufsweg nicht in die Wiege gelegt worden war, erfuhren die Gäste auf recht unterhaltsame Weise. Und dass man es auch ohne Abitur über mehrjähriges Fernstudien mit Beharrlichkeit zum jüngsten Werkleiter eines Automobilzulieferers in Westsachsen schaffen kann. Nach verschiedenen Leitungsposten in deutschen Betrieben bekam Graichen schließlich den Auftrag, das Brose-Zweigwerk in New Boston im US-Bundesstaat Michigan aufzubauen, das die gesamte Angebotspalette von Brose produzieren sollte – ein bis dahin noch nie unternommener Versuch. Welche manchmal banalen Hindernisse dabei überwunden werden mussten oder wie hinderlich sich dabei die eher „dürftige“ Englischausbildung an DDR-Schulen erwies, machte den Vortrag sehr emotional und authentisch. Und so räumte der Referent gleich auch noch mit den falschen Vorstellungen vom Managerberuf auf: „Du bekommst Druck von allen Seiten – von der Firmenleitung, den konkurrierenden Betriebsteilen, den Beschäftigten und nicht zuletzt vom Kunde. Kurz: Du wirst für alles verantwortlich gemacht!“. Und er brach auch eine Lanze für den amerikanischen Durchschnittsbürger, der sich sehr wohl von unserem Trump-geprägten Amerikabild unterscheide: hilfsbereit, spendenfreudig, freundlich und unvoreingenommen, um nur einige der von ihm genannten Eigenschaften aufzuführen. Letztendlich entwickelte sich der Vortrag zu einem leidenschaftlichen Plädoyer für Toleranz und menschlichen Umgang untereinander. Drei wichtige Erkenntnisse und zugleich Erfolgsfaktoren habe ihm seine berufliche Entwicklung klar gemacht: Seine „Komfort-Zone“ verlassen, also offen für Neues sein und auch mal ein Risiko eingehen, sich ständig weiterzuentwickeln und – die wohl wichtigste Aussage des Abends – anderen Respekt, Wertschätzung und Anerkennung entgegen zu bringen. Aufgeschlossen sein gegenüber den jeweiligen Kulturen, zuhören und sich verständnisvoll zeigen bezeichnete Graichen als ganz wichtige Charakterzüge, die Jugendliche erwerben sollten. „Deshalb ist ein internationaler Einsatz immer eine Bereicherung und bringt viel Freude!“ meinte er zum Abschluss vor allem an die Schüler unter den Gästen gewandt.
Am Ende der sich anschließenden Gesprächsrunde kam – bei einem Automobilzulieferer beinahe zwangsläufig – die Frage nach der Elektromobilität. Crimmitschaus OB, André Raphael, formulierte sie „salomonisch“: Chance oder Risiko? Und genauso salomonisch war auch die Antwort. Dem Elektromotor gehört die Zukunft, so Graichen, aber die Technik, vor allem die der Bereitstellung des Stromes, ist noch unausgereift. Dabei sprach er insbesondere die CO2-Bilanz der Batterieherstellung an.
Fördervereinsvorsitzender Dr. Martin Seidel bedankte sich mit einem Crimmitschauer Präsent für den „eindrucksvollen Vortrag“ und lud seinen Gast und die Anwesenden zum Schluss zu einem kleinen Sektempfang ein.
L. Hanzig